Weniger Affiliate-Umsätze seit Google Analytics 4

Seit der Umstellung auf Google Analytics 4 im Juli diesen Jahres habt ihr vielleicht bemerkt, dass eure Umsätze im Affiliate Marketing eingebrochen sind. Oder vielleicht seht ihr seit der Umstellung, dass die Umsätze für den Affiliate Kanal in GA 4 deutlich niedriger sind als die im Affiliate Netzwerk getrackten Umsätze. Ihr seid damit nicht alleine. Ich habe mich intensiv mit diesem Thema beschäftigt und möchte euch in diesem Beitrag meine Erkenntnisse und Lösungsansätze vorstellen.

Die Rolle der Attribution

Bevor wir uns in die Details stürzen, lasst mich kurz erklären, was die Attribution im Online Marketing bedeutet. Sie ist verantwortlich dafür, die Conversions den entsprechenden Marketing-Kanälen zuzuordnen. Wir nutzen das bewährte Last-Click-Modell. Doch auch wenn „Last-Click“ zunächst eindeutig klingt, sind die tatsächlichen Ergebnisse komplexer. Bei Google Analytics 4 spielen verschiedene Faktoren wie Daten, Learnings, Priorisierungen und die Einstellungen im Interface seitens des Advertisers eine Rolle. Auch die zuverlässige Erfassung der Daten, besonders in Zeiten von Adblockern und Browser-Updates, ist entscheidend.

zwei Effekte auf die Umsätze

Lasst uns nun einen genaueren Blick auf die möglichen Szenarien werfen, die euch seit der Umstellung auf GA 4 betreffen könnten. Beachtet dabei, dass für jeden Advertiser nur eines der folgenden Szenarien zutreffen kann, niemals beide gleichzeitig. Es handelt sich um die zwei gängigsten Optionen, das Tracking für das Affiliate Marketing aufzusetzen.

Wenn ihr euch in einem der beiden Szenarien wiederfindet, werdet ihr vermutlich ebenso von der Veränderung betroffen sein, dass eure Marketingkanäle in der Attribution spürbar weniger als Gewinner hervorgehen. Schauen wir uns diese Szenarien im Detail an:

  1. Umsatzeinbruch in GA 4 und im Affiliate Netzwerk: Die getrackten Umsätze im Affiliate Kanal verhalten sich analog zu der Attribution von Google Analytics 4. In beiden Tools gehen die Zahlen seit der Umstellung deutlich zurück.
  2. Datenlücke zwischen GA 4 und dem Affiliate Netzwerk nimmt zu: Eine weitere Situation ist, wenn im Netzwerk nach wie vor Transaktionen erfasst werden, jedoch seit der Umstellung auf GA 4 eine markante Datenlücke klafft. GA 4 berichtet über deutlich weniger Umsätze als im Affiliate Netzwerk erfasst wurden. Dies ist der Fall, wenn das ausgelöste Conversion Tag nicht durch die Attribution von GA 4 bestimmt wird. Anders gesagt, die Feuerungslogik der Conversion Tags greift auf eine andere Datenbasis zurück.

Egal, welches der beiden Effekte auf euer Partnerprogramm wirkt, die Differenz resultiert aus einer neuen Bewertung der Last Click-Attribution durch Google Analytics 4.

Exponentieller Anstieg der Direkteinstiege

Wir sind einem ähnlichen Szenario bei einem unserer Kunden nachgegangen und haben uns intensiv mit den Gegebenheiten beschäftigt. Durch genaues Abgleichen der Transaktionen im Affiliate-Netzwerk mit den Analytics-Daten enthüllte sich, dass ganze 35% der Affiliate-Transaktionen in GA 4 als Direkteinstiege erfasst wurden. Diese Erkenntnis wirft Licht auf die Diskrepanzen zwischen den beiden Systemen.

Bei genauer Analyse der Daten in Google Analytics 4 wird offenkundig, dass die als Direkteinstiege erfassten Transaktionen von einem Tag auf den anderen drastisch zugenommen haben. Parallel dazu nahmen die Anteile der Marketingkanäle in ähnlichem Maße ab.

Wie Direkteinstiege entstehen

Direkteinstiege treten auf, wenn Nutzer direkt die URL einer Website in ihren Browser eingeben oder über ein Lesezeichen auf die Seite zugreifen, ohne zuvor über einen externen Link oder einen anderen Marketingkanal auf die Seite gelangt zu sein. Im Kontext des Affiliate Marketings kann ein Direkteinstieg auftreten, wenn ein Nutzer zuerst über einen Trackinglink aus dem Affiliate Marketing auf die Website gelangt, die Seite jedoch später direkt aufruft und somit den ursprünglichen Trackinglink umgeht. Die Art und Weise, wie Direkteinstiege in der Attribution berücksichtigt werden, kann Auswirkungen auf die Zuordnung von Conversions zu den verschiedenen Marketingkanälen haben.

Direkteinstiege sind also ebenso normal und relevant für die Customer Journey wie jeder andere Einstieg. Doch unterscheidet sich der Direkteinstieg wesentlich von den anderen Kanälen. Er dient in der Regel als Fallback, wenn keinerlei Informationen zur Customer Journey des Users vorliegen oder diese nicht verarbeitet werden dürfen: Das kann der Fall sein, wenn der User seinen Consent für die Datenverarbeitung nicht erteielt.

Es gibt auch technische Effekte, die einen Direkteinstieg fälschlicherweise erzeugen können. Dazu zählt zum Beispiel das Aktualisieren des Online-Shops. Dies kann automatisch durch einen Ladezeitenfehler ausgelöst werden, aber auch durch das Wiederaufrufen eines offenen Tabs mit veralteten Informationen oder durch Aktionen des Users selbst. Der Refresh der Webseite ist eine Mechanik, die die datengetriebene Attribution von Google Analytics identifizieren und herausfiltern kann, wie auch die meisten Webanalyse Tools. Daher ist dieses Szenario in unserem Fall nicht der Grund für den Effekt, den wir in unseren Zahlen sehen. Dennoch halte ich es für wichtig, euch die Funktionsweise des Direkteinstiegs verständlich zu machen.

Analyse der Direkteinstiege

Bei genauerer Betrachtung der Transaktionen unseres Kunden im Affiliate Marketing, die in Google Analytics 4 als Direkteinstiege attribuiert wurden, fällt ein weiteres Detail auf. Alle diese betroffenen Transaktionen weisen lediglich einen einzigen Touchpoint in ihrer Customer Journey auf – und das ist der Direkteinstieg. Bei einem Großteil dieser Transaktionen liegt der Consent des Users zur Datenverarbeitung vor. Ein solches Bild und das bei 35% aller Transaktionen im Affiliate Marketing, ist unrealistisch. Ein Nutzer, der ohne jegliche Berührungspunkte, ohne jemals auf externen Seiten mit dem Produkt oder dem Online-Shop in Kontakt gekommen zu sein, der nicht einmal einen flüchtigen Blick auf ein Banner geworfen hat, stellt eher die Ausnahme dar.

Ein solches Bild ist viel eher ein Zeichen dafür, dass Google Analytics den User nicht wiedererkennen konnte und nicht in der Lage war, seine Customer Journey zusammenzusetzen. Irgendwo gehen Informationen verloren. Das bedeutet für uns, dass wir uns die Methoden genauer ansehen müssen, die Google Analytics 4 nutzt, um die Customer Journey zu modellieren. Es ist entscheidend, diese Prozesse zu verstehen und gegebenenfalls anzupassen, um eine präzisere und verlässlichere Attribution zu erreichen und so die Genauigkeit unserer Daten zu gewährleisten.

Wie Google Analytics die Customer Journey modeliert

Um zu verstehen, wie Google Analytics 4 diese Aufgabe meistert, werfen wir einen Blick auf die Reporting Identity. Diese spielt eine entscheidende Rolle bei der Zusammenführung von Benutzerdaten über verschiedene Geräte und Plattformen hinweg, um eine kohärente Sicht auf die Customer Journey zu ermöglichen.

Die Reporting Identity umfasst verschiedene Methoden, um Benutzeridentitäten zu verknüpfen und eine ganzheitliche Darstellung der Beziehung zwischen dem User und dem Online Shop zu schaffen. Innerhalb von Google Analytics 4 werden vier Reporting Identity-Methoden verwendet:

  • User-ID: Die Methode „User-ID“ verwendet eine eindeutige Kennung, die der Advertiser als Website-Betreiber für angemeldete Benutzer bereitstellt. Diese Kennung ist anonymisiert und enthält keine persönlichen Daten. Sie ermöglicht eine präzise Verfolgung der Aktivitäten eines Benutzers über verschiedene Sitzungen und Geräte hinweg. Die „User-ID“ ist besonders nützlich für Plattformen mit Anmeldesystemen, da sie eine konsistente Customer Journey für angemeldete Benutzer ermöglicht.
  • Google Signals: „Google Signals“ basiert auf Daten von angemeldeten Google-Benutzern, die ihre Zustimmung zur Datenweitergabe gegeben haben. Es verwendet aggregierte und anonymisierte Informationen von Google-Diensten wie Google-Konto, YouTube und Google Suche. Diese Methode erfasst Verhaltensmuster über verschiedene Geräte und Plattformen hinweg, wenn Benutzer in ihren Google-Kontoeinstellungen die Datennutzung genehmigen.
  • Device-ID: Die Methode „Device-ID“ nutzt Identifikatoren wie die Client-ID für Websites und die App-Instanz-ID für Apps. Sie basiert auf dem Prinzip, wie Universal Analytics Benutzer für Websites und Apps verfolgt. Diese Methode erfasst das Nutzerverhalten gerätebezogen und ermöglicht eine geräteübergreifende Analyse.
  • Modellierung: Die „Modellierungs“-Methode kommt ins Spiel, wenn Benutzer keine Analytics-Identifikatoren wie Cookies akzeptieren. In diesem Fall werden Daten ähnlicher Benutzer, die Cookies akzeptieren, verwendet, um das Verhalten derjenigen zu modellieren, die Cookies ablehnen. Dies ermöglicht eine Annäherung an das Verhalten dieser Benutzergruppe, ohne direkt auf deren Daten zuzugreifen.

Die Wahl der richtigen Reporting Identity-Methode beeinflusst die Genauigkeit der Benutzerzählung und die Verfolgung des Verhaltens im Online Shop. Die Reporting Identity-Methoden bieten verschiedene Optionen für die Analyse in Google Analytics 4. Diese hängen von den verfügbaren Datenquellen, den Datenschutzrichtlinien deines Online Shops und den Anforderungen deines Unternehmens ab.

  • Blended (Gemischte Option): Bei dieser Option wird eine Mischung aus modellierten und beobachteten Daten verwendet, um eine einzelne Benutzeridentität zu erstellen. Diese Option eignet sich besonders gut für Unternehmen mit User-IDs und Anmeldedaten. Sie ermöglicht eine präzisere Ansicht des Nutzerverhaltens über verschiedene Geräte und Kanäle hinweg.
  • Observed (Beobachtete Option): Die beobachtete Option verwendet User-IDs, um Nutzer über Geräte und Kanäle hinweg zu verfolgen. Sie ist ebenfalls für Unternehmen mit User-IDs und Anmeldedaten geeignet und bietet eine genaue Sicht auf das Nutzerverhalten.
  • Device-Based (Gerätebasierte Option): Bei der gerätebasierten Option wird keine User-ID verwendet. Stattdessen stützt sie sich auf Gerätedaten, um das Nutzerverhalten zu verfolgen. Diese Option ist am besten für Unternehmen ohne User-IDs oder Anmeldedaten geeignet. Sie bietet eine umfassendere Sicht auf das Nutzerverhalten, kann jedoch aufgrund der Schätzungsebene geringfügige Ungenauigkeiten einführen.

Probleme mit der User-ID

Um die User-IDs effektiv zu nutzen, ist es entscheidend, eindeutige IDs für alle Nutzer zu generieren. Neuen Nutzern sollten diese IDs zugeordnet werden, während wiederkehrenden Nutzern konsequent dieselbe ID zugewiesen werden sollte – in der Regel erfolgt diese Zuordnung beim Login. Ein Beispiel hierfür wäre die Generierung einer individuellen ID basierend auf der E-Mail-Adresse eines Nutzers. Diese ID könnte dann auf der Website oder in der App als Referenz verwendet werden.

In unserem speziellen Fall bestand jedoch die Herausforderung darin, dass sich die User-ID nachträglich verändert hat. Dies führte zu Problemen bei der nahtlosen Verknüpfung von Aktivitäten und zur Folge, dass Nutzer bei ihrem Login als neue und erste Besuche gezählt wurden. Um diese Problematik zu bewältigen, haben wir uns dazu entschieden, auf die Verwendung der User-ID zu verzichten. Stattdessen haben wir die „Device-Based“-Option gewählt. Diese Anpassung führte zu einer unmittelbaren und rückwirkenden Angleichung der Zahlen. Die Datengrundlage in Google Analytics 4 stimmt nun wieder deutlich stärker mit den in unserem Affiliate-Netzwerk erfassten Transaktionen überein.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass dies keine dauerhafte Lösung sein sollte. Jeder zusätzliche Wert, wie die User-ID, ist wertvoll, um die Customer Journey so zuverlässig und realistisch wie möglich abzubilden. In Situationen, in denen die User-ID vorübergehend nicht einwandfrei funktioniert, kann die Umstellung auf Device-Based eine kurzfristige Lösung darstellen. Gleichzeitig sollte parallel daran gearbeitet werden, die Vergabe der User-ID zu stabilisieren. Dies gewährleistet eine präzise Erfassung der Nutzerinteraktionen und eine genaue Attribution der Conversions über alle Kanäle hinweg.


Ich hoffe, dass diese Einblicke und Lösungsansätze euch bei eurem Problem mit Google Analytics 4 helfen werden. Wenn ihr weitere Lösungsansätze habt oder bereits positive Erfahrungen mit der Anpassung der Reporting Identity-Option gemacht habt, lade ich euch herzlich dazu ein, eure Gedanken in den Kommentaren zu teilen. Euer Feedback und eure Erfahrungen können anderen Lesern dabei helfen, ähnliche Herausforderungen zu bewältigen und erfolgreiche Lösungen zu finden.

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